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Fachbeitrag: Ausbilden im Homeoffice – ist das die Zukunft?

Imagebild Ausbildung am Computer

Autorin: Beate Scholz

Ein Beitrag der dgp informationen – das Download-PDF finden Sie am Ende des Artikels.

In Deutschland gewinnt das Homeoffice auch in der Berufsausbildung an Bedeutung. Wichtig zu wissen ist, dass die Arbeit im Homeoffice neben der technischen Ausstattung auch spezielle Soft Skills erfordert – und das sowohl bei Ausbildenden als auch bei Auszubildenden. Der vorliegende Artikel beleuchtet den Status quo sowie die Möglichkeiten und Grenzen der „Ausbildung im Homeoffice“ und untersucht, ob durch Integration von Homeoffice-Phasen in die betriebliche Ausbildung ein solcher Kompetenzaufbau gefördert werden kann. Der Beitrag schließt mit Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen für eine gelingende „mobile“ Berufsausbildung.

„Deutschland weit vorn bei Homeoffice“, so lautet die Überschrift eines Artikels in der Handelszeitung am 18.07.2023. Hier wird über das Ergebnis einer Studie des Münchner Ifo-Institutes berichtet, dass Deutschland mittlerweile, mit im Schnitt gut einem Tag Homeoffice pro Woche, Platz zwei unter 17 europäischen Staaten einnimmt. Generell hat die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice in Deutschland in den letzten Jahren, vor allem „pandemiebedingt“, stark an Bedeutung gewonnen und ist in einigen Branchen nicht mehr wegzudenken.

„Arbeit im Homeoffice“ unterscheidet sich vom Arbeiten in Präsenz: Sie erfordert bei Beschäftigten neben der technischen Ausstattung und der digitalen Fitness bestimmte zusätzliche Soft Skills wie Organisations- und Kommunikationsfähigkeit, die es unter Umständen zu entwickeln gilt. Im Zusammenhang mit der beruflichen Ausbildung stellt sich deshalb die Frage, ob die Entwicklung der erforderlichen Fähigkeiten innerhalb der beruflichen Ausbildung gefördert werden könnte – oder ob dies bereits geschieht.
Denn damit könnten bereits in der Ausbildung die Grundlagen für die Bewältigung der Anforderungen der sich wandelnden Arbeitswelt gelegt werden – eventuell auch durch die Integration von Homeoffice in die berufliche Ausbildung selbst.

Mitarbeiter*innen und Arbeitgeber*innen haben Gefallen am – zumeist zumindest zeitweisen – Arbeiten im Homeoffice gefunden. Dies belegen neben der eingangs erwähnten Ifo-Studie verschiedene weitere Studien (z. B. Flüter-Hoffmann & Stettes, 2022). Gründe hierfür könnten seitens der Arbeitnehmer*innen u. a. die Zeitersparnis durch wegfallende Arbeitswege und/oder die bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sein, seitens der Arbeitgeber*innen z. B. geringere Mietkosten durch Desk-Sharing-Konzepte.

Arbeit im Homeoffice stellt aber auch Zusatzanforderungen an Beschäftigte: Neben Anforderungen an Technik und Umfeld werden besondere Anforderungen an persönliche Fähigkeiten wie Organisationstalent, Selbstständigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Eigeninitiative und Selbstmotivation gestellt. Viele Arbeitnehmer*innen mussten diese Fähigkeiten zunächst (weiter-)entwickeln, um unter der Bedingung „Homeoffice“ anforderungsgerechte Leistungen erbringen zu können.

Ausgehend vom allgemeinen Bedeutungsgewinn des Arbeitens im Homeoffice wird derzeit diskutiert, ob auch die berufliche Ausbildung – zumindest in Teilen – im Homeoffice stattfinden kann und sollte, unter anderem um die genannten Soft Skills bereits im Rahmen der praktischen Ausbildung gezielt zu entwickeln und zu stärken. „Ausbildung im Homeoffice“ könnte Mitarbeitende so bereits während der Ausbildung für das Remote-Arbeiten befähigen. Da diese Fragestellung auch immer wieder in den Seminaren für Ausbilder*innen thematisiert und kontrovers diskutiert wird, versucht dieser Artikel Antworten auf folgende Fragen zu finden:

→ Findet „Ausbildung im Homeoffice“ derzeit statt? Und wenn ja: Unter welchen Voraussetzungen findet sie statt?

→ Was gilt es bei der „Ausbildung im Homeoffice“ zu berücksichtigen? Gibt es Erfolg sichernde Maßnahmen?

→ Sollte „Ausbildung im Homeoffice“ in Zukunft für bestimmte Berufsbilder und unter bestimmten Bedingungen verpflichtend werden, um die Erreichung des Ausbildungsziels, nämlich die berufliche Handlungskompetenz zur „Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt“ (§1 Abs. 3 BBiG), besser zu gewährleisten?

Ausbildung im Homeoffice: eine Begriffsbestimmung

Rein rechtlich bedeutet „Ausbilden im Homeoffice“ (Telearbeit), dass der Lernort für die Auszubildenden verbindlich zu Hause definiert ist, unter anderem mit Bezug auf die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben und die erforderliche technische Ausstattung. In der Praxis ist dies allerdings nicht immer in dieser Stringenz gegeben; vielfach wird der Begriff Homeoffice breiter ausgelegt und nicht auf einen fest definierten heimischen Arbeitsplatz beschränkt. Hieraus folgt, dass sich dieser Artikel im rechtlichen Sinn eher mit „mobiler Ausbildung“ befasst.

Unter „mobiler Ausbildung“ versteht man unter anderem, dass:


→ der Lernort der Ausbildung sowohl für Auszubildende als auch für Ausbilder*innen an einem anderen Ort als der Ausbildungsstätte stattfindet und

→ die Vermittlung von Ausbildungsinhalten auch außerhalb der Ausbildungsstätte erfolgen kann, zum Beispiel in den Privaträume der Auszubildenden oder Ausbilder*innen.

Status quo: Wer bildet unter welchem Umständen zurzeit mobil aus?

Bislang ist Homeoffice für Auszubildende im Berufsbildungsgesetz (BBiG) nicht vorgesehen. Die Ausbildungsorte sind auf Betrieb, berufsbildende Schulen und sonstige Berufsbildungseinrichtungen (§2 Abs. 1 BBiG) beschränkt, und dort sollen die Ausbilder*innen die Ausbildungsinhalte an die Auszubildenden vermitteln (§ 28 Abs. 2 BBiG). Dementsprechend wird das eigene Zuhause als Arbeits- und Lernort und die Vermittlung von Ausbildungsinhalten auf Distanz im BBiG nicht berücksichtigt.

Coronabedingt boten viele Betriebe ab 2020 erstmalig auch ihren Auszubildenden das Arbeiten von zu Hause aus an. Aktuell scheint „mobiles Ausbilden“ eher zufällig und unsystematisch stattzufinden. In den meisten Verwaltungen ist Homeoffice für Auszubildende nur in Ausnahmefällen vorgesehen, wohingegen Ausbilder*innen häufiger aus dem Homeoffice die Auszubildenden im Büro ausbilden. Manchmal befinden sich sowohl Ausbilder*in als auch Auszubildende*r beim mobilen Ausbilden im Homeoffice.

Eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) kommt anhand von Auswertungen des BIBB-Qualifizierungspanels aus dem Jahr 2021 (Mergener & Baum 2022) in Bezug auf mobiles Ausbilden zu folgenden Ergebnissen:

→ In knapp einem Fünftel aller Ausbildungsbetriebe konnten Auszubildende einen Teil der Ausbildung im Homeoffice absolvieren.

→ Betriebe, die in kaufmännisch-verwaltenden Berufen ausbilden, erlauben häufiger die Nutzung von Homeoffice während der Ausbildung als Betriebe, die ausschließlich in gewerblich-technischen Berufen ausbilden.

→ Betriebe, die über eine allgemeine Homeoffice-Strategie für ihre Beschäftigten verfügen, nutzen Homeoffice auch im Ausbildungskontext häufiger als andere.

→ Betriebe, die über eine gute digitale Ausstattung (Hard- wie Software) verfügen, machen ihren Auszubildenden häufiger ein Homeoffice-Angebot als geringer digitalisierte Betriebe.

→ Ausbildung im Homeoffice erfolgt in den Betrieben häufiger, in denen es für die Beschäftigten Weiterbildungsangebote im Kontext des räumlich mobilen Arbeitens
gibt, wie z. B. „Teammanagement auf Distanz“.

Diese Ergebnisse sind ein Hinweis darauf, dass Ausbildung im Homeoffice offensichtlich…

  1. nicht für alle Ausbildungsberufe (z. B. handwerkliche Berufe),
  2. nicht „ausschließlich“, aber,
  3. unter bestimmten Voraussetzungen

erfolgreich gelingen kann.

Mobiles Ausbilden aus Sicht der Auszubildenden

Auszubildende im Homeoffice unterscheiden sich grundsätzlich nicht von anderen Mitarbeiter*innen, die Erfahrungen mit der Arbeit im Homeoffice machen: So berichten sie in Seminaren ebenfalls von anfänglichen Unsicherheiten, Einsamkeitsgefühlen und der Angst, vergessen zu werden. Dies gilt vor allem, wenn vorher nur ein oberflächliches Kennenlernen der Ausbilder*innen und der Abteilung stattfindet. Generell sei es schwerer, Kontakte wie beispielsweise zur Ausbildungsabteilung zu knüpfen und in den Büroalltag hineinzukommen. Einige berichten, dass sie außerhalb der Arbeitszeit E-Mails kontrollieren – ein Beispiel dafür, dass die Distanz zur Arbeit geringer wird und es für einige eine Herausforderung ist, Struktur und Routine in diese Art des Arbeitstages zu bekommen.

Auszubildende wissen aber durchaus auch die Vorteile des mobilen Ausbildens zu schätzen wie den Wegfall des Arbeitsweges, die individuelle Gestaltbarkeit des Tages und das selbstständige Lernen. Da man die/den Kolleg*in nebenan nicht fragen kann, erschließen viele sich die Arbeitsvorgänge und -prozesse verstärkt in Eigenregie und erarbeiten die Lösungen selbst, was zu längerfristigen Lerneffekten führt. Einige sagen, dass sie zu Hause produktiver und konzentrierter arbeiten können.

Erfolgsfaktoren des mobilen Ausbildens

Ausbildungskräfte haben nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) die Pflicht, berufliche Handlungskompetenzen zu vermitteln. In den meisten Fällen wird hierfür auch in Zukunft die Anwesenheit der Auszubildenden und der Ausbildungskräfte im Ausbildungsbetrieb erforderlich sein. Damit das mobile Ausbilden die klassische praktische Ausbildung – mindestens in den Verwaltungsberufen – zielgerichtet und erfolgreich ergänzen kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Die IHK Arnsberg hat einen Leitfaden für die Praxis zum mobilen Ausbilden entwickelt, in dem ein 5-Punkte-Plan mit Fragestellungen und zu berücksichtigenden Kriterien vorgestellt wird, um Ausgestaltungsmöglichkeiten und Rahmenbedingungen für den Ausbildungserfolg aufzuzeigen.

Der Plan beinhaltet Fragestellungen zu folgenden Kriterien:

  1. zu grundsätzlichen und rechtlichen Voraussetzungen,
  2. zu pädagogischen Aspekten, zur Rolle der Vorgesetzten bzw. des Ausbildungs-
    personals,
  3. zu technischen Voraussetzungen,
  4. zu Gesundheit und Sicherheit am
    Arbeitsplatz,
  5. zu Kommunikation, Didaktik und Regeln für die Zusammenarbeit.

Da diese fünf Punkte – und aus psychologischer Sicht vor allem die Punkte 2 und 5 – die Eckpfeiler einer erfolgreichen mobilen Ausbildung darstellen, werden sie im Folgenden einzeln aufgeschlüsselt und näher erläutert.

Grundsätzliche und rechtliche Voraussetzungen

Mobile Ausbildung ersetzt nicht die Ausbildung in Präsenz. Präsenzausbildung hat generell Vorrang, sollte aber in Zukunft durch mobile Ausbildung ergänzt werden. Den Auszubildenden sind für die mobile Ausbildung geeignete Ausbildungsmittel zur Verfügung zu stellen; das gilt insbesondere für Hard- und Software. Selbstverständlich gelten alle gesetzlichen Regelungen wie das Berufsbildungsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Betriebsverfassungsgesetz oder das Jugendschutzgesetz unverändert. Auch muss die Qualität der mobilen Ausbildung derjenigen der Ausbildung in Präsenz entsprechen.

Man sollte vorab unter anderem folgende Kriterien festlegen und in den betrieblichen
Ausbildungsplan aufnehmen:

→ Welche Inhalte sollen (auf welche Art und Weise) virtuell vermittelt werden?

→ Soll dies verpflichtend sein (Reife der Auszubildenden vorausgesetzt)?

→ In welchem zeitlichen Umfang soll mobil ausgebildet werden?

→ Wie ist die Einhaltung der Ausbildungsund Pausenzeiten sicherzustellen?

Beide Seiten, also Auszubildende und Ausbildende, müssen zudem mit der mobilen Ausbildung einverstanden sein.

Pädagogische Aspekte sowie Rolle der Vorgesetzten und des Ausbildungspersonals

Die Verantwortung und Fürsorgepflicht gegenüber den Auszubildenden in Bezug auf die Betreuung, die Überwachung von Vorschriften und Regeln, die Vermittlung von Ausbildungsinhalten und die Kontrolle von Ausbildungsergebnissen und nicht zuletzt die Vorbildwirkung bleiben gegenüber der präsenzbasierten Ausbildung gleich.

Deshalb muss bei der ergänzenden mobilen Ausbildung unter anderem sichergestellt sein, dass

→ das Ausbildungspersonal über die notwendigen fachlichen und persönlichen Kompetenzen für mobiles Ausbilden verfügt,

→ zeitliche und personelle Ressourcen sowie die technische Ausstattung beim Ausbildungspersonal vorhanden sind und

→ die Auszubildenden über eine entsprechende persönliche Reife und psychische Verfassung verfügen.

Technische Voraussetzungen

Wie bereits erwähnt stellt das Ausbildungsunternehmen den Auszubildenden eine geeignete IT-Ausstattung wie Laptop und geeignete Softwareprodukte sowie Kommunikationsmittel als kostenfreie Arbeitsmittel zur Verfügung. Darüber hinaus müssen den Auszubildenden gesetzliche und betriebliche (Datenschutz-)Vorschriften bekannt sein.

Das bedeutet, dass Auszubildende, bevor sie in „mobile“ Ausbildungsabschnitte gehen, zusätzlich zur technischen Ausstattung klare Anweisungen oder eine Unterweisung insbesondere zu den Datenschutz- und Sicherheitsvorschriften bekommen müssen. Das bezieht sich zum Beispiel auf den Umgang mit erlaubten bzw. unerwünschten Kommunikationskanälen, auf den Schutz betrieblicher Daten und Passwörter oder auf die Wichtigkeit von Sicherheitsupdates.

Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz

Auch auf den Gesundheitsschutz ist beim mobilen Ausbilden zu achten. Das Ausbildungsunternehmen muss sich vergewissern, dass vorgeschriebene Standards, beispielsweise auf Ebene der Arbeitsplatzgestaltung sowie der Arbeitssicherheit, beim mobilen Ausbilden erfüllt und eingehalten werden. Hierunter fallen auch Aspekte wie Beleuchtung, Bewegung, Lüftung und Raumtemperatur.

Im Vorfeld des mobilen Ausbildens ist deshalb mit den Auszubildenden unter anderem zu klären:

→ ob die räumlichen Gegebenheiten am „mobilen“ Arbeitsplatz ein weitgehend ungestörtes Lernen mit geeigneter Ausstattung (Tisch, Stuhl, Beleuchtung etc.) gewährleisten bzw. wie eine entsprechende Umsetzung gewährleistet werden kann und

→ wie die Auszubildenden eine Trennung von Arbeits- und Privatleben sicherstellen können.

Kommunikation, Didaktik und Regeln für die Zusammenarbeit

Mobiles Ausbilden kann nur erfolgreich sein, wenn sowohl von Auszubildenden- als auch von Ausbildenden-Seite die gegenseitige Erreichbarkeit über einen Kommunikationskanal wie beispielsweise ein Chat-Programm während der Ausbildung sichergestellt ist, so wie beim Ausbilden in Präsenz. Wichtig ist, dass die Auszubildenden mit der zu nutzenden Hard- und Software ausreichend vertraut sind. Wie bereits unter dem Punkt „Gesundheit“ erwähnt, darf sich beim mobilen Ausbilden Arbeits- und Privatleben nicht vermischen. Hier hat das Ausbildungspersonal eine besondere Fürsorgepflicht. Eine weitere zentrale Voraussetzung ist die (virtuelle) didaktische Kompetenz der Ausbildungskraft.

Um erfolgreich mobil auszubilden“, muss unter anderem sichergestellt sein, …

→ dass ein regelmäßiger virtueller Austausch mit der Ausbildungskraft sowie mit Kolleg*innen und eventuell Kund*innen stattfindet,

→ dass die Auszubildenden wissen, welche regelmäßigen Kontaktpunkte es gibt, z. B.
(Check-in/-out, Jour Fixe, Unterweisung, Termin, Gespräch),

→ zu welchen Anlässen sie sich melden und beispielsweise nach Feedback oder Hilfe
fragen sollen,

→ welche Kommunikationskanäle (Telefon, E-Mail, Chat, Video-Telefonie oder weitere
Kollaborationstools) wann und wie eingesetzt werden sollen,

→ dass die Einhaltung und Dokumentation von Ausbildungs- und Pausenzeiten mit allen Beteiligten abgestimmt und datenschutzkonform ausgestaltet wird,

→ dass die Auszubildenden wissen, wann welche Lerninhalte wie vermittelt werden
sollen und

→ was bis zu welchem Zeitpunkt als Ergebnis bzw. Lernziel erreicht sein und wie und
wann dies besprochen und dokumentiert sein soll.

Praxishinweise zum mobilen Ausbilden

Über den 5-Punkte-Leitfaden der IHK Arnsberg hinaus sind, resultierend aus zahlreichen Seminarveranstaltungen mit betrieblichen Ausbilder*innen, die folgenden konkreten
Umsetzungsempfehlungen für Ausbildungsverantwortliche in der Praxis zu geben:

→ Nutzen Sie bei der mobilen Ausbildung virtuelle Treffen wie „Daily“ oder „Wake-up call“, um den Kontakt zu halten! Dieses Ritual – ähnlich dem morgendlichen Begrüßen und Absprechen – ermöglicht jegliche Art von Austausch und ist eine Form von Wertschätzung gegenüber den Auszubildenden. Die Ausbildenden schenken den Auszubildenden Zeit und Aufmerksamkeit. Das Ermöglichen der Ausbildung im Homeoffice könnte auf Auszubildendenseite als Vertrauensbeweis, als „Auszeichnung“ erlebt werden, dass ihnen selbständiges Organisieren und Arbeiten zugetraut wird.

→ Achten Sie darauf, dass Kontakte – wo möglich – mit laufender Kamera und offenem Mikrofon stattfinden, sodass Sie als Ausbilder*in auch remote einen Eindruck über die physische und psychische Gesundheit Ihrer Auszubildenden erhalten!

→ Nutzen Sie so oft wie möglich digitale Kommunikations- und Kollaborationstools und Methoden, um neben den Soft Skills die digitalen Fähigkeiten zu entwickeln!

→ Prüfen Sie, ob Sie die Auszubildenden in die Rolle als Digitalbotschafter*innen einbinden können! Andere Betriebe haben gute Erfahrungen gemacht, das „Mehr“ an digitalem Wissen und die meist geringeren digitalen Berührungsängste der Auszubildenden zu nutzen, indem sie sie als „digitale Botschafter*in“ im Team oder der Abteilung eingesetzt haben.

→ Achten Sie bei der Vergabe eines Projekts generell, aber vor allem bei der mobilen Ausbildung auf eine klare, eindeutige Aufgabenstellung am besten in schriftlicher Form (per E-Mail oder im Chat), da Sie sich dann als Ausbildungskraft bereits zum
Zeitpunkt der Aufgabenstellung Gedanken darüber machen, ob die Aufgabe verständlich formuliert ist. Durch die versendete E-Mail haben Sie einen Nachweis, dass entsprechende Ausbildungsaufgaben aufgetragen wurden. Die Auszubildenden wiederum können die Aufgabenstellung in Ruhe lesen, ohne sich alles am Telefon oder im Video-Call merken zu müssen.

→ Fixieren Sie eine Deadline zur Bearbeitung schriftlicher Aufgaben! So haben Sie die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt gezielt nach diesen Aufgaben zu fragen.

Bewährt hat sich hier – sowohl in der Präsenzals auch in der mobilen Ausbildung – die aus anderen Kontexten bekannte „SMART“e Formulierung der Aufgaben-Ziele:

Die Grafik zeigt eine Übersicht der SMART-Formel für Ziele: 1) S steht für spezifisch. Was genau soll gemacht werden? 2) M steht für messbar. Was gehört zur Erledigung der Aufgabe? 3) A steht für akzeptiert. Warum ist es wichtig, diese Aufgabe zu erledigen? 4) R steht für realistisch. Ist das notwendige Wissen und die Zeit vorhanden? T steh für termininiert. Wann muss die Aufgabe erledigt sein?


Verabreden Sie sich mit den Auszubildenden zum regelmäßigen „Weekly“ (online oder in
Präsenz), um sich gegenseitig Rückmeldung zu sachlichen Inhalten und zur persönlichen Befindlichkeit und dem Wohlergehen im Team zu geben und zu holen!

Beide Seiten könnten sich auf das wöchentliche Feedback mittels „5-Finger-Feedback-Formel“ vorbereiten.

Die fünf Finger der Hand stehen für:
– Daumen: „Was lief gut? Was war positiv?“
– Zeigefinger: „Was ist (mir) aufgefallen?“
– Mittelfinger: „Was lief nicht gut?“ oder alternativ: „Was stand im Mittelpunkt?“
– Ringfinger: „Was war (für mich) besonders wichtig? Was habe ich gelernt?“
– Kleiner Finger: „Was kam zu kurz?“

Die Grafik zeigt eine Hand mit fünf Fingern. Daumen: Was lief gut? Was war positiv? Zeigefinger: Was ist mir aufgefallen? Mittelfinger: Was lief nicht gut? oder: was stand im Mittelpunkt? Ringfinger: Was war für mich besonders wichtig? kleiner Finger: Was kam zu kurz?


Unter Berücksichtigung – zumindest der meisten – der genannten Praxishinweise stellt das zeitweise mobile Ausbilden für die Auszubildenden einen Vertrauensbeweis dar und macht sie fit für die sich wandelnde Arbeitswelt. Ebenso werden/bleiben diejenigen Ausbilder*innen, die ihre Aufgabe und Rolle ernst nehmen, fit in der sich wandelnden Ausbildungswelt und schaffen sich durch gute Planung im wahrsten Sinne des Wortes zeitweise freie Räume im Büro.

Fazit

Insgesamt ist festzustellen, dass sowohl die Arbeit im Homeoffice als auch das mobile Ausbilden nur für ausgewählte Berufsgruppen infrage kommt und neben einer guten technischen Ausstattung bestimmte persönliche Kompetenzen erfordert, wenn Leistung und Zusammenarbeit gelingen sollen.

Die für die Arbeit im Homeoffice notwendigen persönlichen Fähigkeiten sind in großen Teilen entwickelbar beziehungsweise erlernbar. Mit unterstützenden Qualifizierungsmaßnahmen sollte daher bereits in der Ausbildung begonnen werden.

Entscheidende Erfolgsfaktoren sind die persönlichen Fähigkeiten der Ausbilder*innen, ein angepasster Ausbildungsplan sowie gegenseitiges Vertrauen. Es sind folglich Ausbilder*innen gefragt, die über eine gute digitale Fitness verfügen sowie Lust haben,
etwas Neues auszuprobieren. Wichtig ist zudem Kreativität, um die erweiterten Ausbildungsziele den mobilen Erfordernissen anzupassen. Gelingt es diesen Ausbilder*innen darüber hinaus, eine gute Beziehung zu den Auszubildenden aufzubauen, zum Beispiel durch transparente Erwartungsklärungen, regelmäßige Kontakte und zeitnahes konstruktives Feedback sowie die Integration ins Team, so ist das Erreichen des Hauptziels der Praxisausbildung fast garantiert, nämlich Auszubildende zur „Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt“ zu befähigen.

Zurzeit findet mobiles Ausbilden noch eher zufällig und wenig zielgerichtet statt. Angesichts der bisher vorliegenden Erkenntnisse und Erfahrungen sollte jedoch für alle Büro- und Verwaltungsberufe, in denen die Arbeit im Homeoffice mittlerweile zum normalen Berufsalltag gehört, der Ausbildungsplan in der Praxisausbildung durch eine zeitweise mobile Ausbildung ergänzt werden.

Das Literaturverzeichnis zum Beitrag finden Sie im aufgeführten Download-PDF.


Beate Scholz, Diplom-Psychologin bei der dgp

Beate Scholz

Diplom-Psychologin
E-Mail: scholz@dgp.de

Beate Scholz ist langjährige dgp-Mitarbeiterin der Geschäftsstelle Hannover und insbesondere als Trainerin tätig. Viele ihrer Trainings hat sie speziell für Ausbildungsverantwortliche und Auszubildende in Verwaltungsberufen konzipiert und durchgeführt. Sie qualifiziert beispielsweise zu Fragen des Onboardings, der Kommunikation und Didaktik und Bewertung im Ausbildungskontext.

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